Vilcabamba


Seit vier Tagen bin ich nun allein unterwegs und muss mich noch an den neuen Rhythmus gewöhnen, einerseits, den des alleine sein uns anderseits aber auch an den Umstand, dass nicht mehr ein vorgeplantes Programm habe und mir selber eines gestalten kann aber auch muss. 

Aber von vorne. Am Samstag stand eine lange Autofahrt mit Carlos auf dem Programm, der mich von Cuenca nach Vilcabamba gefahren hat. Da wir uns von unserer ersten Autofahrt schon kannten und sein englisch besser ist als meines, haben wir uns wunderbar unterhalten über Gott und die Welt, Politik und Spiritualität. Gleich zu Beginn der Fahrt habe ich mich aber schon mal bis auf alle Knochen blamiert. Als ich losging um Bananen zu kaufen, fragt Carlos mich wie gut denn mein spanisch sein. Ich so: ja, um Bananen zu kaufen, reicht es schon. Als ich dann mit Kochbananen zurück zum Auto kommen, brechen wir beide in Gelächter aus. Die Fahrt zieht sich, ist aber erneut wahnsinnig abwechslungsreich. 


In Vilcabamba angekommen, sinkt der Puls wahrscheinlich automatisch. Es ist einfach traumhaft: ruhig, sympathisch, schön und ein bisschen alternativ. Die Hosteria Izhcayluma wird von drei deutschen Brüdern geführt und ist schön in die Natur eingebaut, mit netten Häusschen, einem super schönen Yoga Shala und einer fantastischen Küche. 

Da Carlos nach der langen Fahrt auch gleich hier bleibt und ankündigt, am folgenden Morgen eine kleine Wanderung Richtung Mandago zu machen, schliesse ich mich kurzerhand an und werde mit einem kleinen Vormittags Cardio - Training belohnt. Das ging nur einmal steil hoch. Immerhin ist Vilcabamba nicht mehr ganz so hoch gelegen (nur 1700 müm), aber meine Pumpe hatte was zu tun. 



Den restlichen Tag geniesse ich mit lesen, Yoga und auf der Hängematte schlafen.

An meinem zweiten Tag in Vilcabamba mache ich mich alleine auf eine kleine Wanderung, deren Ende mich ins Dorf führt. Vilcambamba ist im Tal der über 100-jährigen. Anscheinend werden hier überdurchschnittliche viele Leute über 100. Allerdings sehe ich wirklich überhaupt keine alten Menschen. Wahrscheinlich sind die grad alle am Mittagsschlaf. Das Dorf wirkt auch insgesamt leicht verschlafen, mit einer leichten alt 68er Hippie Atmosphäre - gefällt mir😉. Überhaupt ist es hier auch Coronamässig super entspannt, da es seit 7 Wochen keinen einzigen Fall mehr gab. Den Abend schliesse ich dann mit ein paar ‚perros mirandos hacia abajo‘ in diesem schönen Yoga Shala ab:


Nachdem mir unser kleiner Ausritt auf der Hacienda Tierra del volcan so gut gefallen hat, habe ich mir für den dritten Tag einen Ausritt in den Nationalpark gebucht. Dieser fällt mit fast 6h deutlich länger aus, aber soll auch für Anfänger geeignet sein. 

Mit meinem Guide Chime und auf meinem Pferd Amore geht es also los. Randnotiz: das Aufsteigen gelingt mir heute ausgesprochen elegant und ohne peinliche Manöver. Chime spricht zwar ausschliesslich spanisch, aber ich verstehe eigentlich fast alles und kann mich auch einigermassen ausdrücken (ich muss ja grad keine Bananen kaufen;-)). Schon nach wenigen Minuten machen wir auf dem Pferd eine Flussüberquerung (OMG) und ich bin gespannt, was mich noch erwartet. Amore ist zwar kleiner als mein letztes Pferd, hat aber auch etwas mehr Temperament und ist eigensinniger. Ohne, dass ich wüsste auf welches Signal trabt es los oder galoppiert gar. Auf meine Frage, was ich denn beim Galopp tun solle, antwortet Chime - geniess es einfach... Aha, also festhalten, Augen zu und durch. Am Ende des Dorfes gesellt sich ein schöner weisser Hund zu uns, der sich als als treuer Wegbegleiter während des ganzen Tages erweist.



Nach gut 20 Minuten erreichen wir einen schmalen Pfad, der steil nach oben führt und Chime meint - so jetzt kann der Spass beginnen. Ich staune nicht schlecht, was das Pferd mit mir auf dem Rücken schafft. Ich gebe mir alle Mühe, mich gut festzuhalten und obwohl ich glaube, dass Amore eh macht, was er will, denke ich ständig, lass einfach die Zügel nicht los:-) 



Während des teilweise sehr felsigen und rutschigen Aufstiegs beschleicht mich ein ungutes Gefühl, was den Abstieg angeht... leider lässt mich dieser nicht ganz los und ich kann den Aufstieg nur so halb geniessen. 2.5h später steigen wir ab und eine kurze Wanderung führt uns zu einem schönen Wasserfall. 


Während dem Mittagessen überlege ich mir bereits, wie ich Chime beibringen könnte, dass ich dann die ganz steilen Passagen auf dem Weg runter lieber laufe als auf dem Pferd zu bleiben. Als wir zurück zu den Pferden kommen und der Abstieg beginnt, bin ich total überrascht - es ist gar nicht so schlimm. Im Gegenteil. Ich geniesse den Abstieg mehr als den Aufstieg.  Amore macht das super und ich verspüre keinerlei Bedürfnis abzusteigen. Wieso habe ich mir nur den Aufstieg mit den Sorgen um den Abstieg ein bisschen verdorben? Ich habe im Verlauf des Austritts auch gespürt, wie ich mich immer mehr entspanne und dem Pferd, aber auch mir mehr vertraue. Chime meinte auch ganz charmant - also am Anfang hätte ich dir ja eine null auf einer 10-er Skala gegeben, aber inzwischen bist du bei einer 7 angelangt;-). Und am Rande bemerkt, Schmerzen tut bei einem so langen Ausritt weniger der Hintern als die Knie und Unterschenkel. Da habe ich also auch noch was davon. 

Erkenntnisse des Tages: 
  • Häufig ist eine Vorstellung in meinem Kopf schlimmer als es dann wirklich wird und dieser Respekt kann das Erleben trüben.
  • Manchmal erhältst du Wegbegleiter, die du weder eingeladen noch dir ausgesucht hast, und trotzdem geniesst du ihre Gesellschaft
  • Wenn du denkst, dass deine Wanderstöcke nicht richtig befestigt sind, dann ist es wahrscheinlich so!



Kommentare

  1. Meine geliebte Steff

    Danke das ich trotz Abreise, in diesem wundervollen Land noch verweilen darf. Deine Zeilen lassen mich nochmals zurückkehren. Die Ruhe die Vilcabamba ausströmt lässt sich schon fast in unserer Wohnung fühlen.

    Danke das du mich und einige andere weiter an deiner Reise teilhaben lässt.

    Merci

    PS: Nein der Hund bleibt dort wo er ist.

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